Mehrheit unterstützt laut ASTI-Umfrage das Wahlrecht für Ausländer
2015 hat Luxemburg gegen das Wahlrecht für Nicht-Luxemburger entschieden. Laut ASTI würde eine Neuauflage des Referendums 2025 ein anderes Resultat mit sich bringen.
Zehn Jahre nach dem Referendum von 2015 sagen 66 Prozent der Teilnehmer einer Online-Umfrage, sie seien jetzt für die Einführung des Ausländerwahlrechts bei Chamberwahlen. Unter den 1.012 Befragten waren 574 von ihnen wahlberechtigt. Es handelt sich hierbei um Bürger, die die Luxemburger Staatsbürgerschaft oder die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Unter ihnen sind es weniger, die das Ausländerwahlrecht befürworten – allerdings immer noch eine klare Mehrheit, und zwar 58 Prozent. 34 Prozent von ihnen haben sich in der Umfrage dagegen ausgesprochen.
Die Online-Umfrage wurde von der Ausländerorganisation ASTI beim Umfrageinstitut Ilres in Auftrag gegeben. Bei der Umfrage, die im April 2024 durchgeführt wurde, wurden insgesamt 1.012 Einwohner befragt. 41,7 Prozent von ihnen hatten die luxemburgische Staatsbürgerschaft, elf Prozent besitzen eine Doppelstaatsbürgerschaft, elf Prozent der Befragten waren Portugiesen. Bei 33,7 Prozent der Befragten wurde die Staatsbürgerschaft nicht angegeben. Es handelt sich aber um Nicht-Luxemburger.
Gemischte Gefühle beim Wahlrecht ab 16
Zudem hat die Ilres im Auftrag der ASTI Wahlberechtigte und Nicht-Luxemburger dazu befragt, wie sie zum Wahlrecht ab 16 Jahren stehen. Hier fällt das Resultat weniger deutlich aus als beim Ausländerwahlrecht. Insgesamt sagen 46 Prozent der Befragten, sie unterstützen die Einführung des Wahlrechts ab 16 Jahren. 40 Prozent haben sich in der Umfrage dagegen ausgesprochen, und zwölf Prozent sind unentschieden.
Ein Blick auf die Resultate der Umfrage allein bei den 574 Wahlberechtigten ändert auch nichts daran. Auch bei ihnen sind 46 Prozent für das Wahlrecht ab 16 Jahren, 43 Prozent sind dagegen und neun sind unentschieden.
Worum ging es 2015 beim Referendum?
Am 7. Juni 2015 wurde die wahlberechtigte Bevölkerung Luxemburgs in einem Referendum zu drei politischen Reformvorschlägen befragt. Eines davon war das Wahlrecht für Ausländer bei Parlamentswahlen. Bedingung dafür wäre gewesen, seit mindestens zehn Jahren im Land zu leben und bereits bei einer Gemeinde- und Europawahl gewählt zu haben. Zudem durfte die Bevölkerung über die Senkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahren abstimmen als auch darüber, ob es eine Begrenzung für Amtszeiten von Regierungsmitgliedern geben soll.
Auf alle drei Fragen antwortete die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung mit Nein. So waren 78 Prozent gegen das Ausländerwahlrecht, 81 Prozent gegen das Wahlalter ab 16 Jahren und 70 Prozent gegen eine Begrenzung der Amtszeiten für Regierungsmitglieder.
Mehrheit aller Parteien für Ausländerwahlrecht – nur die ADR nicht
Die Ilres gibt zudem Details darüber, welche Partei-Anhänger unter den Befragten am stärksten hinter dem Ausländerwahlrecht stehen. Laut dem Umfrageinstitut befinden sich die Wähler von Déi Gréng an erster Stelle mit 87 Prozent, dahinter die Piraten mit 77 Prozent und Déi Lénk vervollständigen das Podium mit 68 Prozent.
Bei der CSV sind die Wähler stärker noch gespalten. Nur 55 Prozent haben angegeben, hinter dem Ausländerwahlrecht zu stehen. An letzter Stelle befinden sich ADR-Anhänger. Allein 22 Prozent von ihnen haben angegeben, Nicht-Luxemburger bei Parlamentswahlen wählen zu lassen.
Ausländerwahlrecht „mit kühlem Kopf“ und „ohne Emotion“ diskutieren
Für die ASTI ist jetzt der richtige Moment, das Thema Ausländerwahlrecht wieder auf den Tisch bringen. Nicht nur, weil dieses mittlerweile zehn Jahre her ist – auch, weil die nächste Wahl erst 2028 wieder ansteht. „Keep cool – wir können endlich das Thema mit einem kühlen Kopf durchdiskutieren“, meint unter anderem der ehemalige Grünen-Abgeordnete und Mitglied des Verwaltungsrats der ASTI, Charles Margue. Nach den Strapazen des Superwahljahrs, gefolgt von einer Europawahl 2024, verfüge die Politik über genügend Ruhe, um über eine Reform des Wahlgesetzes nachzudenken.
Auch für den politischen Sprecher der Vereinigung, Sérgio Ferreira, ist es längst an der Zeit, das Ausländerwahlrecht wieder zum Politikum zu machen, meinte er auf der Pressekonferenz der ASTI am Montag. „Die demografische Lage im Land hat sich die letzten Jahre über weiterentwickelt und diversifiziert.“ Er wolle ebenso das Thema besprechen, „ohne Emotion“. Genau wie die Umfrage, die die ASTI in Auftrag gegeben habe. Die Antworten der Befragten seien „à froid“ – also ohne zuvor eine Informationskampagne geführt oder das Thema in der Öffentlichkeit besprochen zu haben.
Je mehr Menschen sich an der Demokratie beteiligen, desto qualitativer sind die Entscheidungen, die die Politik trifft.
Allerdings scheint es aktuell viel eher an der Politik als an der öffentlichen Meinung zu haken, dass das Ausländerwahlrecht bis zur nächsten Chamberwahl wohl keine Realität sein wird, meint Ferreira. Die aktuellen Vorschläge der Parteien zum Wahlgesetz seien „wenig ambitiös“. Innovative Vorschläge hätte es bisher ebenso wenig gegeben. Für die ASTI sei es wichtig, weiterhin zu betonen, dass „je mehr Menschen sich an der Demokratie beteiligen, desto qualitativer sind die Entscheidungen, die die Politik trifft“.
Um eine erneute Debatte zum Wahlrecht ab 16 und für Ausländer loszutreten, plant die ASTI verschiedene Events über die nächsten Wochen, wo beide Themen dort gemeinsam mit Bürgern diskutiert werden sollen.