Vertragsverletzungsverfahren gegen deutschen Alleingang an den Grenzen einleiten!

Ihre Exzellenz Frau Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission
Seine Exzellenz Herrn Magnus Brunner, Mitglied der Europäischen Kommission

Frankfurt / Wien / Prag / Luxemburg / Amsterdam / Bern / Brüssel, den 12.06.2025

Rechtsstaatlichkeit schützen: Vertragsverletzungsverfahren gegen deutschen Alleingang an den
Grenzen einleiten!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,sehr geehrter Herr Kommissar,

wir, Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Deutschland, Österreich,
Tschechien, Luxemburg, aus den Niederlanden, der Schweiz und von der europäischen
Dachorganisation ECRE, wenden uns in großer Sorge an Sie. In unserer Arbeit für die Rechte von
Schutzsuchenden setzen wir uns täglich für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte ein –
grundlegende Werte, zu denen sich die Europäische Union selbst verpflichtet hat und auf denen das
europäische Projekt aufbaut. Die aktuellen stationären Grenzkontrollen an deutschen Grenzen und
die dort stattfindenden Zurückweisungen von Asylsuchenden stehen im klaren Widerspruch zu diesen
Grundwerten und verstoßen gegen geltendes EU-Recht. Zusätzlich drohen Verletzungen des
völkerrechtlich verankerten Verbots der Nicht-Zurückweisung.


Wir appellieren daher an Sie: Setzen Sie ein klares Zeichen für die Einhaltung des europäischen
Rechts! Bitte leiten Sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, um die
gemeinsamen Werte und Regeln der Union zu schützen und weiteren nationalen Alleingängen
entgegenzuwirken.
Das Verwaltungsgericht Berlin (VG 6 L 191/25) bestätigte am 02. Juni 2025, was offensichtlich ist: Die
Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Binnengrenzen sind rechtswidrig, da sie
gegen vorrangiges EU-Recht verstoßen. Am 7. Mai 2025, dem ersten Tag nach Amtsantritt der neuen
deutschen Regierung, hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt per Weisung angeordnet, ab
sofort basierend auf nationalem Recht auch asylsuchende Menschen an den Binnengrenzen
zurückzuweisen. Die eigentlich anwendbare Dublin-III-Verordnung fand keine Erwähnung. Zeitgleich
intensivierte die Bundesregierung die Grenzkontrollen.
Anfang Mai wurden drei aus Somalia stammende Asylsuchende an der Grenze zu Polen trotz
Asylantrag zurückgewiesen, darunter auch ein minderjähriges Mädchen. In diesen Fällen stellte das
Verwaltungsgericht im Eilverfahren die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung fest. Die Kammer verwies
auf den Vorrang der Dublin-III-Verordnung. Zudem wies sie die Argumentation der Bundesrepublik
zurück, dass eine Notlage vorläge, aufgrund derer Artikel 72 AEUV angewendet und die Dublin-III-
Verordnung ausgesetzt werden könne.
Bereits im März 2025 hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az. 10 BV 23.700) die
Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze für rechtswidrig befunden. Auch die
anderen Binnengrenzkontrollen halten mit Blick auf den strengen Anforderungsrahmen keiner
rechtlichen Prüfung stand.
Das Vorgehen der deutschen Bundesregierung verletzt die Rechte von Menschen, die nach einer oft
langen und gefährlichen Flucht in der Europäischen Union Schutz suchen. Nachdem viele von ihnen
bereits an den EU-Außengrenzen Not und Härte erlebt haben, werden sie nun auch an der deutschen
Grenze im Stich gelassen. Durch dieses Vorgehen Deutschlands wird zudem das gesellschaftliche
Vertrauen in die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft untergraben. Nationale Alleingänge, die
geltendes EU-Recht missachten, widersprechen fundamental der Idee des europäischen
Rechtsstaates. Sie stärken europaweit rechtsextreme Kräfte, befeuern EU-Skepsis und tragen zu einer
gefährlichen Renationalisierung innerhalb der Union bei.
Anlässlich ihres 40-jährigen Jubiläums ist die Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums, die als
Herzstück europäischer Integration gilt, ernsthaft bedroht. Grenzkontrollen verhindern nicht, dass
Menschen in der Europäischen Union Schutz suchen, sondern machen die Flucht nur gefährlicher.
Zudem richten sie wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden an, sind kostenintensiv und auf
Dauer nicht aufrechtzuerhalten. Langfristig gefährden sie das europäische Projekt und den
Zusammenhalt der Union.
Die Europäische Union muss beweisen, dass sie die Stärke des Rechts über das Recht des Stärkeren
stellt. Gerade in Zeiten wachsender internationaler Herausforderungen und der zunehmenden
Bedrohung durch autoritäre Bewegungen ist die Europäische Kommission als „Hüterin der Verträge“
gefordert, die Einhaltung des EU-Rechts konsequent durchzusetzen und für europäische Lösungen
einzutreten.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Karl Kopp, Geschäftsführer, PRO ASYL, Deutschland
Lukas Gahleitner-Gertz, Jurist und Sprecher, Asylkoordination Österreich, Österreich
Martin Rozumek, Geschäftsführer, Organizace pro pomoc uprchlíkům / Organization for Aid to
Refugees (OPU), Tschechien
Sylvestre Wozniak, Geschäftsführer, Forum réfugiés, Frankreich
Serge Kollwelter, Koordinator, Ronnen Desch, Luxemburg
Sander Laban, Leiter Politik und Adocacy, Dutch Council for Refugees, Niederlande
Miriam Behrens, Direktorin, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schweiz
Josephine Liebl, Leiterin Advocacy, European Council on Refugees and Exiles (ECRE)

 

Eine Art von Antwort im Background von RTL am 14.Juni :

Zusammenfassung von RTL :

Lëtzebuerg wäert Däitschland net wéinst Grenzkontrollen usichen

De Robert Goebbels huet et iwwerdeems als Feeler bezeechent, datt déi Lëtzebuerger Regierung Däitschland net virum Europäesche Geriichtshaff usiche wäert. Déi europäesch Jurisprudenz géing nämlech kloer weisen, datt déi aktuell Grenzkontrolle géint déi europäesch Verträg verstoussen. De Léon Gloden huet dem LSAP-Politiker a sengem Constat Recht ginn, mee gläichzäiteg gekontert, datt déi juristesch Prozedur vill ze laang daueren an dowéinst näischt brénge géing. Hie setzt vill méi op nei Police-Verträg, déi ee grad am gaange wier mat Däitschland a Frankräich auszehandelen. Doranner sollten d’Modalitéite festgehale ginn, wat ze maachen ass, wann illegal Immigranten un der Grenz zeréckgewise ginn. Déi Verträg kéinten och d’Basis fir d’Schafe vu gemeinsame Policekommissariater sinn.